Neues Wiener Journal, 30 November 1904
Dieser Tage ist in München der ehemalige Hoffriseur des Königs Ludwig II., Josef Maschmann, gestorben. An seine Person knüpfen sich manche Erinnerungen an die letzten Jahre der Regierungszeit des unglücklichen Bayernkönigs. Maschmann zählte zu den bevorzugten Personen in der Umgebung des Königs; ihm wurde im Jahre 1885 der Auftrag zutheil einen neuen Kabinettssekretär zu suchen, der imstande sei, die für die Bedürfnisse des Königs benötigten Gelder aufzutreiben. Maschmann hat damals einer Reihe von Persönlichkeiten dieses wichtige Amt angeboten, unter andern auch einen in München wohlbekannten nun verstorbenen Journalisten, den er auf seiner Suche im September 1885 im Schloß Hohenburg bei Lenggries (gelegentlich der Vermählungsfeier der Tochter des Herzogs von Nassau nunmehrigen Großherzogs von Luxemburg, mit dem Erbgroßherzog von Baden) traf; er hatte jedoch trotz der verführerischen Versprechungen keinen Erfolg. Maschmann fiel bald darauf in Ungnade, weil er seine Frau in dem Garten zu Schloß Berg hatte spazieren gehen lassen, entgegen dem Willen des Königs: Maschmann glaubte, die Schönheit seiner Frau würde den König für sie einnehmen. Frau Maschmann, eine große, stattliche Erscheinung, starb bereits vor mehreren Jahren. Nach Maschtnann wurde der Hoffriseur Hoppe die Vertrauensperson des Königs.
Neues Wiener Journal, 7. Dezember 1904
Neue Wiener Friseur-Zeitung, 15 Februar 1905
Neue Wiener Friseur-Zeitung, 15 Februar 1905
Der Hoffriseur des Königs
Intimes vom bayrischen Hofe
Über den jüngst in München verstorbenen Hoffriseur
Ludwigs II., Josef Maschmann, weiß man noch Interessantes
zu berichten.
Maschmann, der eine lange Reihe von Jahren in den
Diensten König Ludwigs stand, genoß das Vertrauen des
Monarchen in vollstem Maße. Er war, ehe er zum Hof riseur ernannt wurde, achtzehn Jahre lang Gehilfe bei dem
damaligen Hoffriseur Adolf Müller, der in der Residenzstraße 20 in München sein Geschäft hatte, das Maschmann
später übernahm. Schon als Friseurgehilfe war er öfter
in die Lage versetzt, seinen Chef zu vertreten und König
Ludwig zu bedienen. Der König fand Gefallen an Maschmann und zeichnete ihn schon damals öfter durch gnädige
Ansprachen aus. Maschmann erhielt auch die Erlaubnis,
den vom König errichteten Wintergarten zu betreten, die
nur in äußerst seltenen Fällen ganz bevorzugten Personen
erteilt wurde. Maschmann begleitete stets den König, wenn
dieser auf seinen Schlössern im Gebirge Aufenthalt nahm;
er lernte auf Veranlassung seines hohen Gönners das
Reiten und hatte ein eigenes Pferd zur Verfügung. Zu
Pferde machte er täglich den Weg zum Königshaus auf
dem Schachen, wenn Ludwig II. dort weilte: aber auch
in Hohenschwangau hat er einigemal König Ludwig bei
nächtlichen Ausflügen im Sattel begleitet. Im Jahre 1885
erhielt er tatsächlich, wie wir schon berichteten, von König
Ludwig den Auftrag, einen neuen Kabinettssekretär ausfindig zu machen, der dem König die genötigten Gelder
herbeischaffen könne. Maschmann machte auch verschiedene Versuche in dieser Beziehung, die jedoch ohne Resultat blieben. König Ludwig war infolgedessen nicht mehr
gut auf seinen Hoffriseur zu sprechen und eine gering
fügige Ursache galt eines schönen Tages Grund zu seiner plötzlichen Entlassung. Der König war bekanntlich ein
großer stattlicher Mann und setzte sich, wenn er sich frisieren ließ, wie man so zu sagen pflegt, etwas breitbeinig
auf den Sessel. Bevor Maschmann mit seiner Arbeit begann, machte er dem König eine tiefe Verbeugung und
hierüber übersah er den einen vorgestreckten Fuß König zur Hebung des Gewerbes Ludwigs, über den er wegstolperte. Der König sagte kein
Wort, stand aber sofort auf und verließ den Saal. Andern
tags wurde Maschmann die Mitteilung gemacht, daß bis
auf weiteres auf seine Dienstleistung verzichtet werde. Es
war zwar nun schon öfter vorgekommen, daß der König,
wenn er sich in gereizter Stimmung befunden hatte, seinen
Friseur einfach hatte stehen lassen. Dieser war aber doch
immer wieder zum König befohlen worden. In dem erwähnten Falle erhielt er aber vom Hofmarschallamt die
offizielle Mitteilung, daß er aus dem königlichen Dienst definitiv entlassen worden sei. Während der Zeit, in der
Maschmann Hoffriseur war, bezog er ein tägliches Gehalt
von über 30 Mark. Für sein Münchner Geschäft in der
Residenzstraße hatte er einen Gehilfen engagiert, der es
in seiner Abwesenheit führen mußte. Das Geschäft war aber
im Laufe der Jahre nicht vorwärts, sondern immer mehr
rückwärts gegangen, so daß die Verabschiedung Maschmanns
aus dem königlichen Dienst ein sehr harter Schlag war,
noch dazu, da er sich inzwischen verschiedene noble
Passionen angeeignet hatte. Die letzten Jahre ging es him nicht besonders gut. Sein und seiner Frau Vermögen war
nach und nach aufgezehrt worden und ein Lungenleiden
machte sich wiederholt bemerkbar. Seit einem Jahre wohnte
er bei seinem ältesten Bruder. Er pflegte nur ungern von
den früheren besseren Tagen zu sprechen. Der König hat
sich oft lange mit him unterhalten; aber meist beschränkte
sich die Konversation lediglich auf die zu liefernden Parfümerien. Bitter hat sich König Ludwig eines Tages dar
über beklagt, daß ihn sein Volk (es soll wohl heißen seine
Münchner) nicht liebe. Diese Äußerung erfolgte im Anschluß an eine Bemerkung über die seinerzeit schwebende
Frage des Richard-Wagner-Theaters. So leutselig und
liebenswürdig der König sein konnte, so unangenehm und
aufbrausend konnte er auch sein. Das erfuhren außer Maschmann hauptsächlich die in nächster Nähe des Königs Bediensteten. Eigentümlicherweise hat Maschmann keinerlei
Präsente usw. bekommen. In seinem Nachlaß befand sich
nur eine Haarlocke des Königs, die aber seinem letztwilligen
Wunsche zufolge in den Besitz seiner Frau übergeht und
nicht veräußert werden darf. Josef Maschmann erreichte
ein Alter von sechzig Jahren und hinterläßt außer seiner
Frau eine Tochter von zwanzig Jahren.
Le Rappel et Le XIXe Siècle du 1er décembre 1904
LE CONFIDENT DE LOUIS Il
(De notre correspondant particulier) MUNICH, 29 novembre. — On annonce d'Augsbourg la mort de M. Joseph Maschmann, ancien coiffeur particulier et confident du malheureux Louis II de Bavière. En 1885, plusieurs mois avant la catastrophe de Stahrenberg, le roi, qui était déjà arrivé à un état , rigu de folie, chargea son coiffeur de la mission de lui trouver un nouveau président du conseil et de décapiter M. de Lutz, alors premier ministre du cabinet bavarois. Peu de temps après, M. Maschmann tomba en disgrâce parce quparce qu'il avait laissé entrer sa femme dans le parc du roi. Le coiffeur espérait que Mme Maschmann, très belle femme, plairait au souverain, mais il comptait sans la mysogénie du malheureux Louis II.
INFLUENTIAL BARBERS of ROYALTY.
A rather remarkable man has just died at Munich, who, in spite of his having be only a mere barber, nevertheless played at one moment an important role In Bavarian history. For Joseph Maschmann that was his name during the greater part of the reign of the ill fated King Louis II acted as his barber and was wont every day to shave him and to shampoo and curl the hair of the monarch, of which the latter was inordinately proud. King Louis got into the habit of discussing all sorts of matters with him. It began with the gossip of the capital and of the court, which the barber was wont to retail to his royal master, and in course of time the King ended by consulting him about household, financial and political affairs.
Maschmarnn is credited with having in his day made and unmade not merely court dignitaries, but likewise ministers of state, and a year before the tragic death of the King was engaged in endeavor ing to raise loans for him for the prosecution of his costly palace building operations, and likewise was commissions to find lor him a good and efficient private secretary.
His disgrace came about in an odd and yet characteristic way. He married a wonderfully beautiful woman, and hoping that if the monarch set eyes upon her he might become infatuated by her charms and succumb to her influence in such a way as to place the highest honors of the state within her grasp and his own he caused her to encounter the monarch, as if by chance, in that particular portion of the gardens and park of the Castle of Berg from which all strangers were excluded, and which even court officials and domestics were not allowed to enter when the King was about.
Louis II was an intensely suspicious man. He could never forget that his entire life had been
ruined by the disgraceful court intrigue which caused the breaking off of his engagement to his cousin Princess Sophia of Bavaria (afterward Duchess of Alençon), to whom he was so deeply attached and who was quite as much in love with him, and the moment he law Maschmann's wife and discovered her identity he at once divined the object which the couple had in view, and from that time forth dispensed with the services of the barber.
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